Seit September verlief bei mir alles ein wenig lahm – Studium, Krankheit, Winterblues.
Doch seitdem der Sommer sich wieder in mein Leben eingeschlichen hat (sonnige 21°C + oberteilfreie Menschen am Tempelhofer Feld = Sommer) muss ich mich nun mit positivem Stress auseinandersetzten: die Vorbereitungen für den Nordkalottleden. Ich bin mittlerweise so aufgeregt, dass jedes Mal, wenn ich dieses Wort irgendwo lese, höre oder tippen muss, mein Herzschlag sich ins unermessliche beschleunigt.
Aus einem zunächst bloßen „Was wäre wenn?“ Gedanken wird endlich Wirklichkeit: ein großes Abenteuer erwartet mich!
Ich werde am 21. Juni schon im norwegischen Sulitjelma (hoffentlich lerne ich irgendwann den Ort zu schreiben, ohne 1000 Mal nachzuschauen, wie es geschrieben wird)
nordwärts die ersten der 800 Kilometer durch die einsam weiten Landschaften Norwegens, Schwedens sowie Finnlands weit oberhalb des Polarkreises auf dem Weg ins samisch-norwegische Kautokeino stapfen.
Wie komme ich auf diese Schnapsidee?
September 2014 – an allem ist der Bär schuld
Als ich gerade nach Finnland zum Auslandsstudium gezogen bin, war ich sofort fleißig dabei meine alle erste Trekkingtour vorzubereiten – die Bärenrunde (Karhunkierros) im Oulanka Nationalpark am Polarkreis (sehr empfehlenswert!). Dabei saugte ich jede erdenkliche Information aus dem Internet auf, die ich nur finden konnte. Nicht lange hat’s gedauert und da bin ich auf outdoors.fi nationalparks.fi (neuerdings!) auf den Nordkalottleden Wanderweg gestoßen.
Was ist der Nordkalottleden?
Nordkalottleden (schwedisch, norweigisch: Nordkalottruta, finnisch: Kalottireiti) ist ein Fernwanderweg durch die Nordkalotte, die nördlichste Region der fennoskandinavischen Halbinsel um den Polarkreis. Auch wenn die Nordkalotte einen Teil Russlands mitumfasst, verläuft der Wanderweg nur durch Norwegen (etwa 360 km), Schweden (350 km) und Finnland (80km). Auf dem Weg liegen zahlreiche Nationalparks, bspw. der Padjalanta-, Abisko-, Reis-a und Øvre-Dividal Nationalpark. Der Nordkalottleden verläuft bzw. kreuzt einige der Wanderwege, bspw. den Padjalantaleden oder den Kungsleden. Es gibt einige Möglichkeiten, den Wanderweg abzuwandeln.
Ich schaute mir die Bilder dazu an und dachte nur, „Oh wow, wow, wow“, das könnte ich ja irgendwann mal auch laufen.
Nun, nach 82 Kilometern auf der Bärenrunde war ich total fix und fertig.
Nordkalottleden, 10 mal die Bärenrunde an einem Stück? Puh! Irgendwann mal. Vielleicht.
März 2015: Alles zu seiner Zeit
Genau ein halbes Jahr und ein paar Wandertouren später, fiel mir der Wanderführer Nordskandinavien von Peter Bickel in die Hände. Peter Bickel war 14 Monate wandernd mit einem Husky in Nordskandinavien zu Fuß und auf Skiern unterwegs und legte dabei 7000 km zurück!
Für mich also ein echter Profi, dessen Tipps ich vertrauen kann: seine Erfahrungen und Tipps packte er in das Büchlein, das ich tags und nachts kaum aus meinen Händen gab.
Neben Padjalantaleden und Kungsleden war auch auch der Nordkalottleden mit dabei. Da wusste ich es: irgendwann bald werde ich auf den Nordkalottleden zu finden sein.
Sommer 2015: Nordkalotte – eine Landschaft, die nicht zu unterschätzen ist
So schön wie die Wanderungen am Polarkreis auch sind – in dieser Region regiert die Natur. Es ist nicht immer Friede-Freude-Sonnenschein, sondern oft Regen-Erschöpfung-Herausforderungen.
Ich wusste, dass ich es gar nicht zu probieren brauchte, solange ich nicht körperlich und mental fit dafür war.
In August war ich zunächst den 70 km auf dem Sevettijärvi-Pulmanki im äußersten Lappland mit Ylva, einer guten Freudin, unterwegs.
Nach nur 3 Tagen Pause wanderte ich bereits mit Philipp den 100 km langen Wolfspfad (Susitaival) in Karelien. Und irgendwie war es mir zwischendrin zu viel.
Als ich einmal vor einem geschlossenen Campingplatz stand und es noch 7 km zu einem Laavu waren, fiel ich hin und erklärte Philipp, ich würde keinen Meter weiter gehen. Er solle mich doch bitteschön tragen oder machen was er will.
Dann stellte er eine, mir schon länger aufdrängende Frage:
Bist du wirklich bereit, schon den folgenden Sommer 800 km am Stück zu laufen?
Keiner wird dich die ganze Strecke begleiten können. Keiner wird dich anspornen, wenn du so am Boden liegst.
Weiterhin machte ich mir erhebliche Gedanken über das Zelten alleine. Oder aber in einer Hütte übernachten. Ganz alleine. In einer stürmischen Nacht. Dann höre ich mitten in der Nacht das Knarren der Tür und…
Nein, das wird so nichts. Noch nicht.
Dezember 2015: entweder ja oder nein.
Meine Freunde können ein Lied von mir und meinen Plänen singen. Es gibt kaum jemanden, der noch nicht davon gehört hat, das Nordkalottleden zu meinem festen Wunsch geworden ist.
Nur irgendwann hatte ich es genug im „irgendwann mal“ zu leben.
Meine „irgendwann mal“ Liste ist voll mit 379 Abenteuern, die ich irgendwann mal erleben möchte.
Doch, wann kommt das das „irgendwann mal“?
Das kann mir niemand sagen. Außer mir selbst. Ich selbst kann bestimmen, ob das „irgendwann mal“ jetzt, in 3 Monaten, in 30 Jahren oder nie stattfindet.
Und seien wir mal ehrlich, die meisten der „irgendwann mals“ erfüllen wir uns nie.
Das Ranking der „Irgendwann mal“ Liste führte der Nordkolottleden mittlerweile auf Platz 1, dicht gefolgt von „mit einem eigenen Bulli nach Kamchatka fahren„.
Während das Abenteuer auf Platz 2 deutlich mehr Ressourcen und Zeit braucht, erscheint der Nordkalottleden als ein einfach zu realisierbares Abenteuer.
Also, wenn nicht jetzt, wann dann?
April 2016: Zeit vergeht zu schnell
Nun, es ist soweit. Eine riesige Landkarte der Nordkalotte ziert meine Wand. Der Blick auf den Kalender verrät es: es ist bald und ich habe noch einiges zu erledigen. Ein freudiges, aber auch beängstigendes Gefühl.
Die folgenden Wochen dreht es in Über66Grad also um die Vorbereitungen für die Fernwanderung Nordkalottleden. Während der Wanderung nehme ich dich natürlich virtuell mit, wann immer es mir möglich ist.
Hast du schon eine Fernwanderung unternommen oder warst in der Region unterwegs? Dann her mit den Tipps!
Ana, Du bist total verrückt! Und ja: wann wenn nicht jetzt?? Später gibt es 1000 und mehr gute Gründe, warum das alles nicht geht.
Ich selber habe noch nie eine Fernwanderung unternommen. Du hast bestimmt schon die Blogs von Olaf: http://way-up-north.com/ und Rianne http://littlelapland.com/ (NL) entdeckt. Letztere ist gerade 1300 km mit den Skiern in der Gegend unterwegs.
Ich drücke Dir die Daumen für deine Pläne. Lass Dich bloss von niemandem abbringen. If you can dream it, you can do it!!
Herzlich, Sabine
Hei Sabine,
haha lieben Dank! Ich glaube, ich bin mir des Ausmaßes der Länge noch nicht ganz bewusst, verrückt werde ich mich wohl nach den ersten 200 km fühlen 😀 Die Blogs kannte ich noch nicht! Dann hab ich jetzt noch etwas zum Lesen :)!
Riesen Dankeschön <3
Liebe Grüße, Ana
Finde ich klasse, dass du den Nordkalottleden wanderst. Allerdings fängt die Strecke eigentlich in Kvikkjokk an 😉
Sulitjelma ist lediglich ein Seiteneinstieg.
Ich bin den gesamten Trail 2003 gewandert, von Süd nach Nord. Und dann noch einmal 2014 von Kvikkjokk über Kautokeino bis zum Nordkapp. Die allerschönste Strecke war von Björkliden nach Kilpisjärvi. Dort findet man wirklich alles, was der Norden an Landschaft zu bieten hat. Für mich das schönste Stück offizieller Wanderweg, den es in ganz Skandinavien gibt Einfach ein Traum …..
Hei Dirk!
Wow, 2 mal und dann bis zum Nordkapp! Ich habe auch zunächst mit dem Gedanken gespielt, zum Nordkinn zu laufen, allerdings sind es dann ein paar Hundert Kilometer mehr und ich weiß gar nicht, ob ichs schaffen könnte am 17. August wieder zu Hause zu sein (mein Praktikum sollte dann anfangen).Na mal sehen, wie ich vorankomme, ich bin auch eher eine von der Sorte, die es seeeeehr gemütlich mögen, wobei man ja auch schon nach ein paar Wochen etwas mehr Kilometer am Tag schafft!
Wie war das bei dir?
Für mich bietet sich Sulitjelma einfach an. Es ist für mich sowohl günstiger als auch praktischer :).
Ich freue mich auch schon riesig darauf!
Liebe Grüße, Ana