Hailuoto bringt einfach alles, was der Norden zu bieten hat: die raue See; dichte Wälder, die aus Kiefern und Birken bestehen, Beerenteppiche auf den Wiesen, Sümpfe und vor allem eins: Ruhe.
Hailuoto ist kein Ort für einen Mitteleuropäer, der zum Baden einlädt. Selbst jetzt, im Juli beträgt die Durschnittstemperatur gerade mal nüchterne 15,8°C.
Uns, meine Abenteuergefährtin Anke und mich, hat es per Zufall nach Hailuoto verschlagen. Auf unserem Finnland-Norwegen per Anhalter Abenteuer, war unser erster Stopp die Stadt Oulu. Übrigens ist Oulu die nördlichste Großstadt der EU, wusstest du das?
Unsere wunderbaren Gastegeberrinen von Couchsurfing schwärmten von Hailuoto und somit blieb uns fast nichts anderes übrig, als diese Insel mit eigenen Augen zu sehen, zu spüren und zu riechen.
Nun sind wir hier. Auf dieser Insel. Es stürmt, Sand fliegt in die Augen, die Sonne scheint, die See ist wild: es ist wunderbar.
Wusstest du, dass Hailuoto die größte Sandinseln im Bottnischen Meerbusen ist?
Tja, nun weißt du’s.
Hailuoto – das kleine Haiinselchen (wie die Finnen es nennen: Hai=Hai, Luoto = Inselchen) ist die einzige, vom Festland abgetrennte ganzjährig bewohnte Insel, nördlich von der südlich gelegenen Åland Inseln.
Vom Festland getrennt? Wie kommen wir dann dorthin?
Mit einer kleinen, schnuckeligen Fähre .
Funfact: Selbst auf der Fähre gibt es kostenloses Wlan!
Und: Da die Fähre zu dem öffentlichen Straßennetz gehört, ist ihre Benutzung kostenlos.
Auf die Insel kommst du neben dem Auto oder Fahrrad auch mit dem Bus Nr. 59 von Oulu. Mit dem Bus geht es direkt auf die Fähre.
Die graue See sieht nicht besonders einladend aus, die Wellen Wellen schlagen so hoch, dass der Bus und die Autos neben uns eine Vollwäsche bekommen. Nach einer halben Stunde ist das Vergnügen vorbei. Du kannst dann entscheiden, wo auf der Insel du aussteigen möchtest. In Oulu kannst du dir in der Touristeninformation eine kleine Karte der Insel Hailuoto holen, dort siehst du alle eingezeichneten Wanderwege und Sehenswürdigkeiten.
Wir haben uns entschieden, bei der letzten Busstation, Marjaniemi, etwa nach 32 Kilometern quer durch die Insel, auszusteigen.
Marjaniemi.
Der Ort am Ende der Insel fühlt sich an, wie ein Ort am Ende der Welt. Ein paar rote Häuschen hier und dort. Ein Windrad, das irgendwie einen Stilbruch der kleinen nordischen Siedlung darstellt. Oh und ein Leuchtturm, wohl das Wahrzeichen von Marjaniemi.
Ein paar große Segelboote.
Ein VW-Bus mit zwei Windsurfern, die die Stärke des Windes für sich nutzen und die Einsamkeit zu dieser Jahreszeit genießen wollen.
Im Klartext kann ich folgendes sagen: Anfang Juni ist hier der Hund verfroren. In Marjaniemi gibt es ein Cafe und ein Restaurant. Weshalb da gleich zwei Gasstätten gibt, ist mir eine große Frage.
Der erste Eindruck: Wind. Wind. Wind. Ich glaube, ich habe selten so einen starken Wind erlebt.
Einmal die Meeresluft einatmen. So frisch, so salzig, so sandig.
Erinnerst du dich noch an meine Vorstellungen von einem Tag in Oulu, in dem Artikel, in dem ich mein Finnland-Norwegen-Abenteuer vorgestellt habe? Am Strand schlendern, mit einem kühlen Cider in der Hand? Nichts da. Ein warmer Tee wäre gut. Nach einem kurzem Spaziergang am Strand fängt auch einer der zahlreichen Wanderwegen auf der Insel an. Der ganze Wanderweg ist etwa 14 Kilometer lang und führt an dem Strand vorbei, zur grünen Mitte der Insel.
Sand und Kiefern
Zahlreiche Kiefern wachsen auf dem sandigen Boden. Der Sandboden wandelt sich nach wenigen Metern in einem Sumpfboden rein in den dichten, grünen Wald.
Wir wandern entlang zahlreicher Seen, Sümpfe und Wiesen, auf denen Preiselbeeren teppichweise ihren Platz finden. Auf dem Holzpfad über dem Sumpf befindet sich eine Bank, wo wir beschließen, von der Sonne wärmend, unser Mittagessen zu genießen.
Wie üblich in Finnland findest du entlang der Wanderwege einige Unterschlüpfe, wo du dein Essen kochen kannst. Meist liegen diese an Wasserquellen, wie zum Beispiel klaren Seen, somit hast du immer genug Wasser.
Hier erfährst du mehr zum Wandern in Finnland.
Wir wandern nicht 14 Kilometer, sondern etwa sechs und kehren bald nach Marjaniemi zurück. Unser Plan ist, noch ein Cafe zu besuchen, in dem wir lokale Kunsthandwerke finden.
Luovon Poji – eine Sehenswürdigkeit für sich
Die Busse auf der Insel fahren nur 3 Mal am Tag. Einmal 9Uhr, einmal 12, und einmal 18 Uhr.
Es ist nach 14 Uhr. Nach kurzem Hin- und Herlaufen finden wir schnell jemanden, der uns in das „Stadtzentrum“, etwa 10 Kilometer weiter zur Mitte der Insel bringt.
Unser Fahrer arbeitet auf der Insel und fährt von einem Ende zum anderen, um seine Waren abzuliefern.
Er erzählt uns vom Leben auf der Insel. Dass die Insulaner sehr eigen sind. Die Insel hat ein paar verstreute Supermärkte, Tankstellen, ein paar Wohnhäuser hier, ein paar Ferienhäuser dort und ein Campingplatz. Dennoch verlassen die Insulaner ihre Insel nur recht selten. Hier haben sie vollkommene Ruhe und alles, was sie brauchen.
Wenn die Fähre ab November wegen des Eises nicht mehr fährt, sind die Insulaner von Hailuoto dennoch nicht komplett abgetrennt: eine Eisstraße führt 8 Kilometer lang von der Insel nach Oulu. Jedoch nur dann, wenn das Eis mindestens 40 cm dick ist. In den letzten Jahren, so erzählt er uns, wird das Eis immer dünner und dünner. Besonders im hohen Norden sind die Auswirkungen der Klimaerwärmung sehr zu spüren.
Der nette Mann – leider hab’ ich es nicht so mit dem Namen – setzt uns an dem Café Luovon Poji ab – mitten im Nichts. Unsere Gastgeberinnen empfahlen uns das Café mit dem kleinen Handwerksgeschäft dran.
Das Café ist typisch Finnisch, also ziemlich einfach, eingerichtet, es gibt Zimtbrötchen (Pulla), Tee, Kaffee und Kuchen.
Und Muffins mit weichem Schokokern.
Wir plaudern mit der netten Bedienung – eine junge Frau, die in den Sommerferien auf der Insel jobbt.
Sie erzählt uns, das es das Café schon seit 25 Jahren gibt. Eigentlich ist es erst seit 2 Jahren ein Café – vorher war es ein Lebensmittelladen – der erste überhaupt auf Hailuoto. Sie erzählt uns, dass es im Juli einige Hundert Besucher am Tag gibt. Hailuoto ist im Hochsommer sehr beliebt.
Warum denn auch nicht? Frische Luft der nordischen Ostsee. Kilometerweiter sauberer Strand. Möglichkeiten zum Wandern, entspannen, Lagerfeuer machen, Essen kochen und das alles in der völligen Einsamkeit.
(Anke und ich sind insgesamt etwa 5 Menschen begegnet, auf unserer Wanderung durch die Insel sind wir niemanden begegnet. Okay, das mag in der Hochsaison vielleicht anders aussehen, aber da die Insel relativ groß ist – 35qm Durchmesser, dürfte es nie zu voll sein).
Auch für Vogelbeobachter ein wahrer Paradies: etwa ein Drittel der Fläche von Hailuoto sind als Vogelschutzgebiet gekennzeichnet.
Nachdem wir ein paar lokale Souvenirs – ein finnisches Holzbuttermesser für Anke und ein paar handgemalte Postkarten für mich – eingekauft haben, verlassen wir freudig den Laden.
Unser nächstes Fahrer bringt uns zum östlichen Ende von Hailuoto: dort, wo die Fähre die Insel verlässt. Wir müssen uns noch eine Stunde gedulden, bis die nächste Fähre fährt und uns hoffentlich jemand nach Oulu mitnimmt.
Glücklicherweise gibt es auch dort ein Café Farestina – seit 40 Jahren ein Familienunternehmen. Die Snacks sind nicht gerade billig, es lohnt sich trotzdem dort zu verweilen.
Der Cafe-Besitzer kann gut deutsch und erzählt uns, dass er jedes Jahr auf dem Weihnachtsmarkt in Halle am finnischen Stand arbeitet. Ich bin gespannt, ob wir ihm dieses Jahr begegnen werden!
Nach einer Stunde treffen wir ein verrücktes (dazu später) Finnenpärchen, das sich bereit erklärt, uns nach Oulu zu bringen.
Fazit: Klein, aber fein.
Wir haben einen sehr erholsamen, aber auch aufregenden Tag auf der Insel verbracht. Suchst du tiefe Ruhe, empfehle ich dir ein paar Tage auf der Insel zu vebringen. Entweder in einem Ferienhäuschen, auf Campingplatz oder in einem Zelt, das du dank des Jedermannsrechts, (fast) überall aufschlagen kannst.
Ob auf einem der zahlreichen Wanderwege oder am Strand, es wird dir bestimmt nicht langweilig!